Viele Trassengegner sind enttäuscht vom Koalitionsvertrag, da leider nichts genaues festgelegt wurde.
Lesen Sie hier den Beitrag unserer Kollegen von Stromautobahn, Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse.
Eine zukunftsweisende Energiepolitik für Bayern sieht anders aus
Die Ergebnisse des Koalitionsvertrages lassen nicht erkennen, dass den Freien Wählern beim Thema Energiepolitik der große Wurf gelungen ist. Der jetzige Koalitionsvertrag bleibt zu zurückhaltend und unverbindlich, um für die brachliegende Energiewende in Bayern ein Zeichen zu setzen. So behindert die 10H-Abstandsregelung für Windkraftanlagen die dezentrale Energiewende in Bayern. Die Freien Wähler hatten im Wahlkampf eine Abschaffung dieser Regelung gefordert. Laut Koalitionsvertrag wird jedoch „an der geltenden bayerischen Rechtslage“ festgehalten. Ein Ende dieses Reliktes aus Seehofer-Zeiten wäre ein notwendiges Zeichen für einen Aufbruch hin zu einer zeitgemäßen Energiepolitik.
Bei Stromtrassen fehlen verbindliche Abstandsregelungen zum Schutz der Anwohner, bei Windkraft sind sie mit 10H zu hoch und behindern den verbrauchsnahen Ausbau mit regionaler Wertschöpfung. Der Bau und die Aufrüstung von Übertragungstrassen durch Bayern muss weiterhin in Frage gestellt werden, da bei der Planung ein zeitnaher Kohleausstieg und der Einsatz von Speichern nicht ausreichend berücksichtigt wird. In seiner jetzigen Planung ist der Netzausbau unwirtschaftlich, umweltzerstörend, für die Energiewende kontraproduktiv und deshalb inakzeptabel. Die in den Koalitionsverhandlungen festgelegten dezentralen Ansätze in der bayerischen Energiepolitik werden durch das zentralistische, volkswirtschaftlich fragwürdige System von Stromhandels-Megatrassen konterkariert und unwirksam.
Mit Pschierer geht ein „Erzfeind“ der Trassengegner
Die Besetzung der Ressorts Wirtschaft, Energie und Landesentwicklung mit Hubert Aiwanger ist gerade aus Sicht der Trassengegner eine bemerkenswerte Veränderung. Mit Franz Josef Pschierer als Staatssekretär und später als Wirtschaftsminister war eine Eiszeit in der Diskussion um das Thema Stromtrassen eingeläutet worden, die jetzt beendet werden muss. Pschierer hatte versucht, jede weitere öffentliche Auseinandersetzung um die Notwendigkeit großer Pilotprojekte wie dem Südostlink im Keim zu ersticken, mit dem Denkgebot: „Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie.“ Die Infragestellung der Notwendigkeit des massiven Netzausbaus hatte Pschierer als „fundamentalistisch“ bezeichnet und grundlegend abgelehnt.
Aiwanger als Verwalter einer CSU-Energiepolitik?
Im Koalitionsvertrag fehlt bei grundlegend wichtigen Themen der Energiepolitik die Handschrift der Freien Wähler: Die Abstandsregelung für Windkraftanlagen wird nicht angekratzt, der zentralistische Netzausbau nicht in Frage gestellt und sogar mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien verknüpft. Ein Ausbau der Erneuerbaren darf jedoch keinesfalls mit dem Übertragungsnetzausbau gekoppelt werden – die Energiewende findet im Verteilnetz statt. Der Posten im bayerischen Wirtschaftsministerium ist für Hubert Aiwanger brandgefährlich, da er jetzt eine CSU-geprägte Energiepolitik verkaufen muss. Das kann zu einer ernsthaften Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Freien Wähler werden. Möglicherweise von Vorteil ist, dass die Koalitionsvereinbarungen in vielen Aspekten der Energiepolitik vage bleiben – dies lässt den Freien Wählern zumindest einen gewissen Spielraum für zukünftige Entscheidungen, die die Energiewende erkennbar stärken.