Die Lichter werden nicht ausgehen

6564917_1_1jggfeBraucht es die geplante Stromtrasse SuedLink nun oder nicht? Über die Antwort auf diese Frage streiten die Gelehrten. Im Landkreis Schweinfurt hat sich mittlerweile eine ziemlich breite Front gegen das Mammutprojekt von Netzbetreiber Tennet gebildet, die vor dem Bau der Gleichstromtrasse nach Grafenrheinfeld zumindest Belege für die Notwendigkeit des Neubaus fordert.

Bei einer Infoveranstaltung des Schweinfurter Kreisverbands im Bayerischen Gemeindetag hat nun der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass, der auch Teilnehmer des bayerischen Energiedialogs war, neuen Stromtrassen eine Absage erteilt.

Die These des Wissenschaftlers: Die neuen Leitungen werden nicht – wie öffentlich gern behauptet – für den Transport von sauberem Windstrom von der Nordsee nach Süddeutschland gebraucht. Vielmehr reichten die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr, weil Kohlekraftwerke für ihren Strom eine Art lukrative „Einspeisegarantie“ hätten – also auch dann 100 Prozent ihrer Energie ins Netz leiten dürften, wenn der Bedarf mit Ökostrom eigentlich locker gedeckt werden könnte. Der Netzausbau diene nur dazu, die Braunkohleeinspeisung in Ost- und Westdeutschland weiter zu stärken. „Wer für diesen Leitungsbau ist, zerstört die Grundlagen der Energiewende“, so der Professor, der an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden lehrt.

„Im inneren Kreis der Leitungsplaner wissen alle, dass die neuen Trassen für den Transport von Strom aus erneuerbaren Energien nicht gebraucht werden“, sagte Jarass und meinte mit „Trassenplaner“ die Bundesnetzagentur. Deren Präsident Jochen Homann habe ihm das bei einer Veranstaltung im vergangenen Herbst erst persönlich bestätigt.

Die kritischen Situationen im deutschen Stromnetz entstehen laut Jarass also nicht, wie oft gedacht, wenn kein Wind weht, die Sonne nicht scheint und die Atommeiler abgeschaltet sind. Schwierig werde es immer, wenn an der Nordsee bei strahlendem Sonnenschein der Wind pfeift. Und falls mal Flaute herrscht: Um die viel zitierte Versorgungssicherheit zu gewährleisten, spricht sich Jarass für Gaskraftwerke als Reserve aus.

Der Wissenschaftler forderte, die Trassenplanung neu zu berechnen. Darin sei nämlich allerhand nicht berücksichtigt – zum Beispiel die etwa 25 Milliarden Euro an Baukosten, die man für die neuen Trassen brauchen würde. Seine Vorstellung einer „eleganten Lösung“: Den Kohlekraftwerken die Einspeisegarantie entziehen, sodass sie bei einem weiter wachsenden Anteil an Öko-Energie langsam aus dem Markt verdrängt werden.

Im großen Sitzungssaal des Landratsamts, den Landrat Florian Töpper für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hatte, stieß Jarass größtenteils auf Zustimmung. Bergrheinfelds Bürgermeister Peter Neubert hatte die Idee gehabt, sich zu dem Thema mal einen Experten einzuladen. Fast alle Landkreisgemeinden waren im Saal vertreten, auch wenn die SuedLink-Pläne gar nicht alle direkt betreffen. Kreisverbandsvorsitzender Friedel Heckenlauer sah darin ein Zeichen großer Solidarität im Landkreis, was auch der Gast aus Hessen bestätigte: „Ich finde es außergewöhnlich, was in Bayern abläuft. Das ist in keinem anderen Bundesland so.“

Passend dazu riefen Heckenlauer und Schwebheims Altbürgermeister Hans Fischer die Gemeindevertreter noch dazu auf, ihre Einwände gegen die SuedLink-Trasse bei der Bundesnetzagentur vorzubringen. Noch bis zum 15. Mai kann sich jeder zu den Plänen äußern, etwa in Form einer Resolution. Denn, so formulierte es der Bergrheinfelder Anti-Trassen-Aktivist Norbert Kolb: „Wir laufen Gefahr, auf einen riesigen Schildbürgerstreich hineinzufallen.“

Textquelle: Mainpost.de
Bildquelle: Mainpost.de